21.06.2022
Im Gespräch mit dem für die Optimierung der neuen Endmontagehalle (BAL) der Ariane 6 im europäische Weltraumbahnhof von Kourou in Französisch-Guayana zuständigen Laurent Mexmain.
Was genau macht ein Industrial Leader bei ArianeGroup?
Der Industrial Leader wird im Französischen auch als „Industrialisation Opération Lanceur” bezeichnet bzw. in Kourou mit der Abkürzung IOL. Er muss gewährleisten, dass die vorgegebene und entsprechend den Vorgaben gebaute Produktionsanlage auch den Erfordernissen hinsichtlich Kosten, Terminen und Performance entspricht. Er weiß sozusagen am besten, wie man eine Trägerrakete schnellstmöglich und kostensparend baut, und das Ganze bei höchster Zuverlässigkeit.
Worum geht es bei den aktuellen Arbeiten am BAL-Montagegebäude der Trägerrakete konkret?
Am Anfang stehen strategische Kostenentscheidungen. Diese werden in der Folge straff auf die zeitlichen Abläufe und die verschiedenen Integrationsphasen umgelegt (trifft auf Kourou und Frankreich gleichermaßen zu). Über die sogenannte „Takt Time” können wir jeden Arbeitsplatz optimal und ohne Wartezeiten gestalten. Das verhindert Zeitverluste entlang der gesamten von uns implementierten Produktionskette.
Können Sie den Laien unter unseren Leserinnen und Lesern bitte erklären, was genau man unter „Takt Time” versteht?
Für jeden Arbeitsplatz legt man im Rahmen einer Aktivitätsphase einen bestimmten Zeitraum fest. Während diesem versucht man, die einzelnen Positionen dahingehend auszubalancieren, dass die Produktion so optimal als möglich abläuft. Das gelingt, indem man etwa die Zahl der Mitarbeitenden an einem beste Bedingungen bietenden Arbeitsplatz senkt oder erhöht oder bei Bedarf einzelne Operationen zum Ausgleich an andere Stellen verlegt.
Wie gestaltete sich Ihre berufliche Laufbahn seit Ihrem Eintritt bei ArianeGroup?
Mein Debüt hatte ich mit der Ariane 4. Damals habe ich das gesamte Spektrum von Raumfahrttools kennengelernt. Innovativen Ideen und zwischen Ariane 4 und 5 aufgetretenen Problematiken habe ich heute mein Know-how in Sachen industrielle Fertigung zu verdanken. Und da ich in den Werkshallen vorwiegend in den Bereichen Qualitätskontrolle und Produktionsüberwachung tätig war, ist mir kaum ein Szenario fremd. Auch dass ich 5 bis 6 Jahre an Verteidigungsprojekten mitgewirkt habe, ergänzt meinen einschlägigen Erfahrungsschatz.
Worauf wird aktuell bei Ihrer Funktion das Hauptaugenmerk gelegt?
Die Montage der einzelnen Bauteile der Ariane 6 besteht aus einer Vielzahl äußerst komplexer Stufen. Hauptziel ist definitiv die optimierte Abwicklung all dieser Stufen. Basierend auf Erfahrung und gemeinsamem Austausch können wir so die Arbeitsschritte im Vergleich zu früheren Trägerraketen um einiges zeitsparender gestalten.
Waren Sie bereits vor Aufnahme Ihrer Tätigkeit in diesem Bereich Raumfahrtfan?
Von einer Ariane-Laufbahn hatte ich früher schon geträumt. Beim Vorstellungsgespräch für meine damals erste Anstellung bei Aérospatiale hatte ich die Wahl: Ariane oder Mikromechanik. Und da war meine Antwort bereits eindeutig: „Ariane oder gar nichts”.
Welche Eigenschaft ist Ihrer Ansicht nach unabdingbar für die Ausübung Ihrer Funktion?
Kreativität. Denn die braucht man, um bestimmte für die Branche charakteristische Gewohnheiten, die zwar sicherlich für Stärke stehen, in Anbetracht des Wettbewerbs allerdings zuweilen überholt sind, zu ändern.
Welchen Rat geben Sie Studierenden, die ebenfalls eine Laufbahn in der Raumfahrt anstreben?
Träumen und an seine Träume glauben.
Wir danken Laurent für diesen Einblick. In Kürze gibt es einen zweiten Artikel, in dem wir Ihnen gemeinsam mit ihm alle Innovationen des Trägerraketen-BAL-Montagegebäudes vorstellen.