26.10.2021
Die am 19. Oktober 2018 von Ariane 5 gestartete BepiColombo-Sonde hat gerade eine entscheidende Phase ihrer Mission absolviert
Am 1. und 2. Oktober feierte man den Jahrestag des Starts der europäisch-japanischen (ESA und Jaxa) Mission von BepiColombo mit dem ersten Vorbeiflug am Merkur bereits etwas verfrüht. 2025 wird die Raumsonde in die Umlaufbahn des Planeten eindringen.
Die Mission erweist sich aufgrund der erforderlichen Flugbahn als besonders komplex, kann jedoch erstmals unser schubstärkeres Vulcain-2-Triebwerk (+ 2,25 %) nutzen. Die Erhöhung wurde im Rahmen des Verfahrens zur Leistungsoptimierung der europäischen Trägerrakete beschlossen. Sie trägt ab jetzt den Namen Ariane ECA. Dank dieser Innovation kann BepiColombo mit sogenannter „Fluchtgeschwindigkeit“ in Richtung All katapultiert werden. Das ist jene Mindestgeschwindigkeit, die man braucht, um der Erdanziehung zu entkommen und die Sonden mit einer Reisegeschwindigkeit von rund 120.000 km/h auf eine Umlaufbahn um die Sonne zu befördern.
Der mit 100 Millionen Kilometern enorm lange Anflug hat vor drei Jahren begonnen, wobei die Ankunft im Zielorbit noch weitere vier Jahre in Anspruch nehmen wird. Rückblickend hat die Raumsonde nach ihrem erfolgreichen Start mit Ariane 5 in Kourou mit doppelter Unterstützung durch Erde und Venus ihren Weg Richtung Merkur eingeschlagen. Der nun einige Tage zurückliegende Vorbeiflug ist der erste von sechs gezielten „Swingby“-Manövern, bei denen man den Schleudereffekt nutzt, um BepiColombo einzubremsen, damit er später den Merkur umkreisen kann.
Sowohl die Teams als auch die gesamte Raumfahrt-Community waren hocherfreut über den Vorbeiflug, bei dem die von ihren Anhängern kurz „Bepi“ genannte Raumsonde erste Aufnahmen und wissenschaftlich verwertbare Daten zu erfassen vermochte.
BepiColombos erster Blick auf Merkur ©ESA/Jaxa
Die kraterförmigen Asteroideneinschläge, die dem Merkur seine dem Erdmond ähnliche Gestalt verleihen, treten aufgrund der dem Planeten eigenen Akzentuierung der Licht- und Schattenflächen besonders deutlich hervor. Er spielt eine tragende Rolle in unserem Sonnensystem. Aber täuschen Sie sich nicht, denn seine Geschichte ist wahrscheinlich ganz anders als die unseres natürlichen Satelliten. Die Forscher gehen nämlich davon aus, dass Merkur einst weit größer war als heute und ein Großteil seines Gesteins durch eine Mega-Kollision abgesprengt wurde.
Nach erfolgter Ankunft am Ziel kann der Planet im Rahmen der Mission genauestens unter die Lupe genommen werden (Magnetfeld, Exosphäre, Oberfläche). Die Ergebnisse werden Aufschluss über Entstehung und Existenz eines Planeten geben, der sich nur 46 Millionen Kilometer von seinem Heimatstern entfernt befindet! ArianeGroup ist stolz, eine derart vielfältige Mission initiiert zu haben, die noch bis 2028 für Hochspannung sorgen wird.
BepiColombos erster Blick auf Merkur ©ESA/Jaxa
Merkur hat keinerlei Ähnlichkeit mit dem glänzenden alten Mondhochland. Fast alle Teile seiner Oberfläche sind in Dunkel gehüllt und wurden vor Milliarden von Jahren durch gewaltige Lavafluten geformt. Asteroiden und Kometen, die mit einer Geschwindgkeit von mehreren Dutzend Kilometern pro Sekunde auf die Lavaströme prallten, ließen eine Kraterlandschaft entstehen. Einige der ältesten und größten Kraterböden wurden von aktuelleren Strömen von Lavamassen überschwemmt, während an über einhundert Stellen explodierende Vulkane die Oberfläche von innen heraus aufgebrochen haben.
BepiColombo wird uns in Bezug auf all diese Themen zu einem besseren Verständnis des geheimnisumwobenen Planeten verhelfen. Dabei stützt man sich auch auf von der Messenger-Mission der NASA gesammelte Daten. Es geht um Fragen wie: Welche flüchtigen Substanzen verwandeln sich vehement in Gas und lassen so Vulkane explodieren? Wie konnte Merkur angesichts massivster Verluste seiner Gesteinssubstanz diese flüchtigen Stoffe zurückhalten? Über welchen Zeitraum erstreckte sich die Vulkanaktivität? Mit welcher Geschwindigkeit ändert sich das Magnetfeld Merkurs?
Die wissenschaftliche Kernmission BepiColombos wird Anfang 2026 starten. Insgesamt muss die Sonde neun Planeten-Flybys vollführen: einen an der Erde, zwei an der Venus und sechs an Merkur. Mit Hilfe des solarelektrischen Antriebssystems des Raumfahrzeugs kann sie dann in die Umlaufbahn ihres Zielplaneten einschwenken. Der nächste Merkur-Vorbeiflug findet am 23. Juni 2022 statt.