Backstage-Führung im Montagegebäude der Ariane 6

Nach unserem Interview mit Laurent Mexmain, der an der Optimierung des neuen Montagegebäudes für die Ariane 6-Trägerrakete im Raumfahrtzentrum in Kourou arbeitet , lassen wir Sie nun einen Blick hinter die Kulissen dieser ganz und gar nicht alltäglichen Anlage werfen.

Ankunft der Ober- und Hauptstufe der Ariane 6 im BAL im Januar 2022

©ESA-CNES-ARIANESPACE/ Service optique du CSG – P. Baudon ; P. Piron

Was genau ist das BAL?
Das Montegebäude wird BAL abgekürzt, nach dem französischen Begriff Bâtiment d’Assemblage Lanceur. Es befindet sich auf der Ariane 6-Startanlage des Raumfahrtzentrums Französisch-Guayana. Hier werden die verschiedenen Module der Trägerrakete entgegengenommen und vorbereitet. Aus diesen wird in der Folge der sogenannte Zentralkörper konstruiert.

Was ist das Besondere an diesem neuen Gebäude?
Die Arbeitsvorgänge zur Konstruktion des Zentralkörpers werden in der Horizontalen durchgeführt. Dadurch kann auf schwere Hilfsgeräte in Form von Brücken (bzw. Doppelbrücken wie bei der Ariane 5) oder hohe und folglich energieintensive Gebäude (im Fall von Kourou beispielsweise Klimaanlagen) sowie Container-Kippsysteme verzichtet werden.

Wie verläuft nun das Eintreffen der einzelnen Trägerraketenbauteile?
Die Entscheidung zur horizontalen Positionierung hatte in der Folge auch Auswirkungen auf die Konstruktion der Transportcontainer. Diese lassen sich nämlich heute von vorne öffnen. Die Stufen werden mithilfe eines fahrerlosen Transportfahrzeugs (AGV) aus den Containern herausgeholt, bevor man die Module zum Stufenhebesystem transportiert. Die AGVs folgen einem sehr genauen am Boden markierten Pfad und sind in der Lage, die Stufen (Durchmesser 5,40 m, Länge 10 bis 35 Meter) auf 5 Millimeter genau zu positionieren!

Und was kommt dann?
Die horizontal ausgefahrene Stufe wird auf der sogenannten HAL (Horizontal Assembly Line; horizontale Montagelinie) positioniert. Die beiden Module (Oberstufe und Hauptstufe) werden nacheinander platziert. Sobald beide Module installiert sind, werden rundherum mobile Zugänge für die Fertigstellung angebracht. Dabei zieht man bewegliche Gerüste schweren Bauelementen vor. Sie können somit mühelos von Hand oder mit einem Easy-Mover bewegt werden. Das elektrische Kleingerät unterstützt den Bediener beim Verlagern der einzelnen Gerüste und beim Verschieben von Lasten von bis zu 3 Tonnen.

Und wie werden die Module auf den Zusammenbau vorbereitet?
Auf den Transport folgt eine Inspektion, einige Markierungen werden entfernt oder das System zur Blockierung der Triebwerke wird freigeschaltet. Beim Überseetransport müssen sie versperrt werden, um die Schnittstellen zwischen Triebwerk und Baustruktur vor den Auswirkungen von Stößen, Beschleunigungen und Beanspruchungen zu schützen. Nach der Ankunft werden sie auf einem mechanischen Anschlagelement abgelegt und man lässt die Schwerkraft arbeiten. Danach entfernt man die letzten Verschlusskappen an den Fluidsystemen. 

An der Hauptstufe wird die Düse mit einer letzten Reihe von zusätzlichen Hitzeschutzkacheln verkleidet. Im Gegensatz zur Ariane 5 liegt die Düse des Vulcain 2.1-Triebwerks nämlich sehr nahe am Strahl der Booster. 

Wie verläuft die Montage?
Sind beide Stufen fertig, werden sie zusammengesetzt. Dazu wird die Oberstufe mithilfe der HAL der Hauptstufe angenähert. Ihre Achsen werden über 6 Sätze von je 3 Lasern korrekt ausgerichtet und anschließend angelegt bzw. in Kontakt gebracht. Darauf folgt eine Konformitätsprüfung. Aufgrund des Gewichts der Stufen könnte die Schwerkraft ihren Umfang während des Transports verändern und minimal abflachen. Ihr ursprünglicher Umfang wird daher wieder perfekt hergestellt und die beiden Stufen miteinander verschraubt.