17.08.2023
Freitag 19. Oktober 2018 Die Nacht ist in Französisch-Guayana angebrochen, als eine gewaltige Feuerwolke den tiefschwarzen Himmel erleuchtet. Die Ariane 5 ist von der Startrampe abgehoben. An Bord befindet sich die Raumsonde BepiColombo, die zum Merkur, dem kleinsten Planeten unseres Sonnensystems, startet. Sie wird ihr Ziel im Jahr 2025 erreichen.
Die Wissenschaftler sind vom Merkur schon seit langer Zeit fasziniert. Der Merkur ist der Planet, der der Sonne am nächsten ist – und damit gleichzeitig der heißeste und der am wenigsten erforschte Planet. Der geheimnisvollste Planet. Der Grund dafür ist seine vergleichsweise geringe Entfernung zur Sonne („nur” 58 Millionen Kilometer), deren starkes Flimmern verhindert, dass der Merkur von der Erde aus richtig beobachtet werden kann. Die einzige Lösung liegt also darin, Sonden in seine Nähe zu schicken.
An diesem Tag reiste die Sonde BepiColombo, die von der Europäischen Weltraumorganisation ESA und der japanischen Raumfahrtagentur JAXA entwickelt wurde, in einer speziell angepassten Ariane 5, um sie in einen hyperbolischen Orbit zu bringen. Auf diese Weise konnte sie das „Gravitationsschlüsselloch“ der Erde durchfliegen und ihren Weg zum Merkur mit einer Absolutgeschwindigkeit von nahezu 40.000 km/h antreten.
Während die Ariane 5 in den meisten Fällen Missionen von etwa 10 Tonnen in die geostationäre Umlaufbahn befördert, galt es diesmal, eine Nutzlast von 4 Tonnen zu starten. Dabei musste die Trägerrakete allerdings eine höhere Geschwindigkeit erreichen als bei ihren traditionellen Missionen für den Satellitentransport.
Zum ersten Mal erreichte eine Ariane 5 ECA einen hyperbolischen Orbit. Zuletzt hatte die Ariane 5G+ diese Leistung im März 2004 im Rahmen der Rosetta-Mission vollbracht. So waren spezifische Einstellungen im Hinblick auf Steuerung und Antriebstechnik erforderlich. Und obwohl an der Struktur der Trägerrakete keine Änderungen vorgenommen wurden, waren somit zusätzliche Überprüfungen notwendig, die damals von etwa dreißig ArianeGroup Ingenieuren während zwei Jahren durchgeführt wurden.
Bei dieser Mission kam auch erstmals die erhöhte Schubkraft des Vulcain 2-Triebwerks (+2,25 %) zum Einsatz, die im Rahmen der Leistungsverbesserung der Trägerrakete Ariane 5 ECA beschlossen wurde.
26 Minuten nach dem Start gab der Operations Director den mit Spannung erwarteten Befehl „Abtrennung BepiColombo“. Das bedeutete, dass die Oberstufe der Ariane 5 die Sonde freigegeben und in ihrer Flugbahn im Sonnensystem in Richtung Merkur platziert hatte. Dabei erreichte sie eine Absolutgeschwindigkeit von 10,99 km/s (39.570 km/h), d. h. 1,15 km/s (4.140 km/h) schneller als bei einem Flug in die geostationäre Umlaufbahn.
Und danach?
Nach diesem Start trat BepiColombi eine sehr lange Reise an. Das liegt an den Gesetzen der Himmelsmechanik. Die Platzierung einer Sonde in der Umlaufbahn von Merkur erfolgt über einen langen Weg, der vor mehreren Jahrzehnten vom italienischen Raumfahrtingenieur Giuseppe Colombo (1920-1984) – nach dem die Mission benannt ist – definiert wurde.
Um den sonnennächsten Planeten Merkur zu erreichen und dabei seiner starken Gravitationskraft entgegenzuwirken, wird BepiColombo eine enorme Energie und die Unterstützung der Gravitationskräfte dreier Planeten benötigen: zuerst jene der Erde im April 2020; dann jene von Venus im Oktober 2020 und August 2021 und schließlich jene von Merkur sechs Mal zwischen Oktober 2021 (genau am vorgesehenen Datum!) und Januar 2025. Zu diesem Zeitpunkt wird die Sonde 9 Milliarden Kilometer zurückgelegt haben.
Dann wird BepiColombo ihre eigenen Triebwerke und Solarpaneele nutzen, um sich im Dezember 2025 in der Zielumlaufbahn von Merkur zu stationieren und die geplanten Untersuchungen während ihrer verbleibenden zwei bis drei Lebensjahre durchzuführen. Das Transfermodul (MTM) wird seine zwei Erkundungsorbiter freisetzen: den Magnetosphärenorbiter (Mercury Magnetospheric Orbiter) der japanischen Raumfahrtbehörde, MiO genannt, der die höhere Umgebung des Planeten untersuchen wird (Magnetosphäre, Atmosphäre, Staub, Sonnenwind), und den Fernerkundungsorbiter (Mercury Planetary Orbiter MPO) der ESA, der sich auf die Oberfläche und das Innere von Merkur konzentrieren wird…