Ariane 5: Eine außergewöhnliche Rakete und ihre bahnbrechenden Missionen - ATV

Ariane 5, das sind 27 Jahre Glanzleistungen und 111 erfolgreichen Starts. Am 4. Juli dieses Jahres trat sie ihre allerletzte Reise an. Blicken wir zurück auf einige ihrer sensationellen Missionen.

 

Am 9. März 2008 um 1 Uhr 03 Ortszeit erhebt sich eine Ariane 5 in dem Nachthimmel über Französisch-Guyana.

 

Unter ihrer Nutzlastverkleidung befindet sich der erste Raumtransporter ATV (Automated Transfer Vehicle) mit Namen „Jules Verne“, eine gewaltige Last – 10 Meter Länge bei einem Durchmesser von 4,5 Metern mit einem Gewicht von fast 20 Tonnen. Das ist mehr als das Doppelte der schwersten Nutzlast, die eine Ariane-Trägerrakete bis dahin jemals transportierte hat.

 

Das erste europäische Raumfahrzeug, das die Verbindung zum Orbit herstellt und mit über sieben Tonnen an lebenswichtigen Gütern – Wasser, Sauerstoff, Treibstoff, Lebensmitteln, Kleidung und wissenschaftlicher Ausrüstung – beladen ist, bereitet sich auf die Reise zur Internationalen Raumstation ISS vor.

Ein technologisches Juwel
Das unbemannte ATV war das größte und komplexeste Raumfahrzeug, das jemals in Europa entwickelt und hergestellt wurde. Daneben war das ATV das erste europäische Raumfahrzeug, das völlig autonom an eine orbitale Raumstation andocken konnte: Trotz seiner Größe und seiner Spannweite von 22 Meter war das ATV so präzise, dass es bei einer Geschwindigkeit von 28.000 km/h mit einer Genauigkeit von unter 10 cm an die ISS-Andockstelle andocken konnte.

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Besonderer Passagier, besondere Trägerrakete
Um das ATV in den Orbit zu hieven, wurde eine spezielle Ariane-5-Version entwickelt, die so genannte Ariane 5 ES. Deren Hauptstufe ist mit der einer Ariane 5 ECA identisch, sie verfügt jedoch über eine wiederzündbare Oberstufe, die von einem Aestus-Triebwerk angetrieben wird. Die Wiederzündbarkeit war Voraussetzung dafür, dass das ATV in einen Umlaufbahn gelangte, auf der Transporter die ISS erreichen konnte.

 

Doch anders als bei Standardmissionen, bei denen geostationäre Satelliten auf elliptische Zielorbits gebracht werden, musste die Ariane 5 das ATV auf ein kreisähnliches Transferorbit bringen. Dazu wird das Aestus-Triebwerk der Oberstufe, das normalerweise nur eine einzige Schubphase liefert, insgesamt dreimal gezündet werden.

 

Ariane 5 brachte seinen Passagier nach einer perfekt ausgeführten eineinhalbstündigen Sequenz mit zwei Schüben der Oberstufe in eine niedrige Erdumlaufbahn. Die mehrfach zündbare Oberstufe funktionierte einwandfrei und positionierte das ATV auf den richtigen Kurs.

 

Nach mehreren Annäherungsmanövern dockte das ATV „Jules Verne“ am 3. April an der ISS an.

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Und danach?
Fast sechs Monate lang blieb dies erste ATV, das neben der Versorgung auch für die Bahnanhebung der ISS zuständig war, angedockt. Es hat 850 kg Treibstoff zur ISS gebracht und mit seinen Triebwerken die Bahnhöhe der 350-Tonnen-Raumstation 14 Mal angehoben. Zudem wurde die ISS mehrmals in die richtige Lage gebracht und hat sogar Manöver zur Vermeidung von Kollisionen mit Weltraumschrott ausgeführt.

 

Am 5. September 2008 löste es sich von der Raumstation ISS. Gefüllt mit Abfällen begann es seinen automatischen Sinkflug zur Erde und verglühte am 29. September desselben Jahres in den dichteren Schichten der Atmosphäre.

 

In der Folge sollte die Ariane 5 ES noch vier weitere ATV-Versorgungsfahrzeuge auf den Weg bringen, die ihre Mission in den Jahren 2011, 2012, 2013 und 2014 zur vollsten Zufriedenheit erfüllten.